Dialyse vom Auswahlprinzip zum uneingeschränkten Anspruch
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Dialyse vom Auswahlprinzip zum uneingeschränkten Anspruch
Vom Überleben zu mehr LebensqualitätDie Herausforderung bleibt doch mehr Freiheit durch individuelle Therapiewahl
Es gab nicht genügend Dialyseplätze. Die Dialysezeit betrug Anfang der 70er Jahre durchschnittlich 12 Stunden. Die Dialyseplätze in den Kliniken waren immer belegt, ein neue Patient konnte erst ins Programm aufgenommen werden, wenn ein Platz frei wurde. Stand ein Platz zur Verfügung, dann waren es immer mehrere Patienten, die ihn dringend benötigten. Statistisch erfaßt waren 1500 Menschen, die jährlich an Niereninsuffizienz allein in Deutschland verstarben, obwohl strenge Auswahlkriterien zu erfüllen waren, bevor man überhaupt auf die Warteliste gesetzt wurde: Nicht älter als 45 Jahre, keine Zweiterkrankung wie z. B. Diabetes mellitus, eine stabile psychische und soziale Situation.
Um eine möglichst gerechte Entscheidung fällen zu
können, entstanden Komitees (z. B. in Seattle), die sich aus Ärzten, Priestern,
Rechtsanwälten und Hausfrauen zusammensetzten. Sie entschieden, welcher Patient den
Dialyseplatz bekommen sollte. Es war eine Entscheidung in letzter Instanz, und sie
bedeutete Leben oder Tod. In deutschen Kliniken waren es die Chefärzte der
Dialyseabteilungen, die diese schwere Entscheidung allein zu treffen hatten.
Durch die Heimdialyse, die 1969 in Deutschland durch das Kuratorium für Dialyse und
Nierentransplantation etabliert wurde, konnte bald sehr viel mehr Patienten geholfen
werden. Wenn auch nicht alle Probleme gleich gelöst werden konnten, war doch der erste
Schritt in die richtige Richtung getan.
Durch das Prinzip, die Dialyse aus dem teuren Krankenhaus herauszunehmen und dafür in der
Wohnung des Nierenpatienten die Möglichkeit der Dialyse zu schaffen, wurde die
Dialysebehandlung erschwinglicher.
Obwohl alle Patienten am Anfang für 12 Wochen mit ihrem Partner zu Dr. Shaldon nach
London zum Training geschickt wurden, sanken die Kosten pro Dialyse etwa um die Hälfte.
Die steigende Zahl der Dialyseplätze, die Patienten nicht mehr so lange auf einen Dialyseplatz warten ließen, erhöhte die Lebenserwartung. Nach anfänglich ca. 3 Jahren Lebenserwartung sprach man bald von 5 - 8 - und 15 Jahren. Die Altersgrenze verschob sich deutlich nach oben und auch junge Diabetiker wurden schon dialysiert.