Die Entdeckung und Entwicklung der Hämodialyse
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Die Entdeckung und Entwicklung der Hämodialyse
Das Zellophan eine bahnbrechende EntwicklungGefäßzugangsentwicklung für die intermittierende Hämodialyse
Thomas Graham (1805-1869)
Die epochemachende Entdeckung der Kolloide und der Dialyse sollte Thomas Graham vorbehalten bleiben.
......"Es möge mir erlaubt sein, die mittels Diffusion durch eine Scheidewand von gallertartiger Substanz bewirkte Scheidung als Dialyse zu bezeichnen."........
Im Jahr 1854 wurde der uns heute so
geläufige Ausdruck "Dialyse" durch Thomas Graham zum ersten Mal in der
Literatur erwähnt.
Der "Vater der Hämodialyse" berichtete in einer
wissenschaftlichen Arbeit mit dem Titel "On Osmotic Force" "Über die
osmotische Kraft ".
Er beschrieb die Bewegung verschiedener gelöster Stoffe
unterschiedlicher Konzentration durch verschiedene Membranen hindurch. Er machte
Experimente wie seine Vorgänger mit Harnblase, aber auch mit anorganischem Material.
Thomas Graham überzeugte sich von der Nutzbarkeit seiner Versuche,
als er verschiedene Gifte, nicht nur aus gewöhnlichen Lösungen, sondern auch aus
defibriniertem Blut herausfilterte. Grahams Arbeit als Ausgangspunkt benutzend, richteten
nachfolgende Forscher ihre Aufmerksamkeit auf die Rolle der Membran bei der Diffusion.
John Jacob Abel, Leonhard G. Rowntree und B. B. Turner
Die extrakorporale Hämodialyse geht auf Abel, Rowntree und Turner zurück. Das erste Membranenmaterial war Kollodium: bereits 1895 wurde Kollodium von A. Eulenburg beschrieben, als sirupartige Flüssigkeit, die nach dem Trocknen einen porösen Film bildet. Aus Blutegelköpfen gewann man Hirudin und damit ungerinnbar gemachtes Blut floß durch die Kollodium-Röhrchen, die von einem Glasbehälter mit 0,6 % Kochsalzlösung umschlossen waren. Sie prägten für ihr Gerät den Ausdruck "Künstliche Niere".
Erste künstliche Niere
Mit diesem Gerät wurde zum ersten Mal das zirkulierende Blut eines Versuchstieres (Kaninchen)
dialysiert. Die Größe der Dialysefläche konnte je nach Bedarf variiert werden. Ein System
von z. B. 32 Röhren hatte eine Oberfläche von 3,2 qm und ein Füllvolumen von ca. 800 ml.
Von Hess und McGuigen benutzten 1914 die Abel'sche Apparatur zu
Untersuchungen des Zuckerstoffwechsels und machten dabei eine, für die Dialyse heute noch
wichtige Entdeckung. Sie beobachteten, daß die Effektivität der Dialyse durch Bewegung
der Spülflüssigkeit zunahm. Die leicht zerbrechlichen Kollodium-Röhrchen suchten dann
Love 1920 durch Därme von Kleintieren, van der Heyde und Morse 1921 durch Fischblasen
und Necheles 1923 durch Goldschlägerhaut zu ersetzen.
Über eine, für die Dialyse bahnbrechende Entdeckung, berichtet W.H. Howell 1918/19. Es handelte
sich in diesem Bericht um eine Substanz, die zunächst als
Antiprothrombin und später als Heparin bezeichnet wurde. 1926 benutzten Lim und Necheles
zu ihren Dialyseversuchen dann erstmals Heparin.
Dr. Georg Haas (1886-1971)
Unabhängig und zunächst ohne Kenntnis der anderen Autoren, hatte sich Dr. Georg Haas in Gießen schon seit 1914 mit ersten Dialyseversuchen beschäftigt. Er experimentierte mit Hunden unterschiedlicher Größe, um die Verträglichkeit der Dialyse und vor allem die Verträglichkeit und benötigte Menge der verschiedenen Hirudinpräparate zu testen. Nach vergeblichen Versuchen mit anderen Membranen (Schilfmembranen, Kalbsperitoneum und Papiermembranen) benutzte er dann, aufgrund der Erfahrungen von Abel und Mitarbeitern, ebenfalls Kollodium. 1924 führte er mit seiner Apparatur und einem verbesserten Hirudin-Präparat erstmals eine extrakorporale Hämodialyse am Menschen durch. Die Dialysezeit betrug 15 Min. Diese kurze Behandlungszeit war geplant, um die Reaktion des menschlichen Organismus auf diesen Eingriff abschätzen zu können.
........." Deshalb wurde bei diesem ersten Versuch am Menschen die Versuchsdauer auf 15 Minuten beschränkt und ein relativ kurzes Schlauchsystem verwendet. ....... Der gesamte Vorgang der Auswaschung ging ohne jegliche Störung und Komplikation vor sich".........
Weitere Behandlungen nahm Dr. Haas zwischen 1925-1928
vor. Obwohl keiner seiner Patienten überlebte, kann man nicht von erfolglosen Dialysen
sprechen. Er konnte nachweisen, daß er in der Lage war, während einer 6-stündigen
Dialyse mehr Harnstoff aus dem Blut zu entfernen, als der Körper in 24 Stunden
nachbilden konnte. Das Befinden der Patienten besserte sich unter der Behandlung und
der Blutdruck ging auf Normalwerte zurück. Außerordentlich wichtig war seine Entdeckung,
daß es mit dieser Behandlungsmethode auch möglich war, Wasser aus dem Körper zu
entfernen.
Seine Probleme waren, wie noch lange Zeit für nachfolgende Forscher,
der nicht mehrfach zu benutzende Gefäßzugang (Glaskanülen) und das toxische Hirudin als
Antikoagulans, obwohl das Heparin bereits entdeckt war. Nach 1928 führte Haas keine
Dialysen mehr durch und setzte seine vielversprechende Arbeit nicht fort.
So blieb es auch in den 30er Jahren trotz aller Bemühungen vorerst
nur bei der konservativen Therapie, die von Autoren so beschrieben wurde:
Es wurde das in Europa und wohl auch international traditionell übliche Schema angewandt: Bettruhe und eine Diät, hauptsächlich aus Gemüse, Kohlehydraten und Fett, um den Proteinstoffwechsel zu reduzieren. Diese salzfreie Diät war schal, ohne Gewürze oder irgendeine Art von Geschmacksaufbesserung. Die Patienten litten unter allgemeiner Schwäche, Appetitlosigkeit und Erbrechen. Ernährungsstörungen und zunehmender Eiweißabbau waren die Folge - ein Teufelskreis. Ein Gehalt von nicht protein-gebundenem Stickstoff (NPN) von über 180 mg pro 100 ml Blut wurde, gemäß der Erfahrung, als sicheres Zeichen für einen tödlichen Ausgang gewertet. Die Therapie war im Wesentlichen auf eine oberflächliche Linderung des Leidens beschränkt.