Der Dialyse-Shunt
Bericht meiner vielen Shunt-Op`s zwischen April 1993 Okt. 2001
Heute möchte ich mein Geschichte von vielen, fast unglaublichen Shunt-Op`s, die ich in der Zeit meiner Dialysezeit hatte, niederschreiben. Da diese Operationen im Laufe der Zeit zusammen kamen, lag letztlich an meinem eigenen Blut und bestimmt an keinem Chirurgen. Auch möchte ich diesbezüglich kein Horrorszenarium gegenüber anderen Patienten oder Neueinsteigern hervorrufen. Es ist eben so passiert.
Im April 1993 war es soweit, ich mußte jetzt unwiderruflich an die Dialyse. Ein
Kreatininwert von 5,5 war der Ausschlag für diese Situation. Zum abgesprochenen
Termin im AK Hamburg-Bergedorf fand ich mich zur ersten Shunt-Op ein. Bei der
Besprechung mit dem Operateur überkam mich eine furchtbare Angst vor der Zukunft,
wobei ich heute sagen kann, dass Sie nicht ganz unberechtigt war. Am 12. April
morgens um halb 10 wurde ich in den OP gebracht. Nachdem ich durch die Schleuse
war, wurde ich auf dem OP-Tisch vorbereitet. Eine Kanüle für die Ringerlösung
wurde gelegt, und ich wurde an das EKG bzw. Blutdruckmessgerät angehängt. Da
Gott sei dank nur eine örtlich Betäubung vorgesehen war, brauchte ich nicht
soviel Angst vor einer Vollnarkose haben, bei der ich immer das Gefühl habe,
ich würde nicht mehr aufzuwachen. Nach Beendigung der Vorbereitung wurde ich
in den OP geschoben, wo alle anderen Arbeiten wie Tücher legen, Armhalterungen
anbauen und Desinfizierung des Armes gemacht wurden. 15 Minuten nach der
Narkoseeinleitung kam der Operateur in den OP und begann seine Arbeit. Während
der gesamten Zeit erklärte er mir alle Schritte der Operation.
Ablauf der Operation
Zuerst wird ein Hautschnitt von etwa 3 cm gemacht und die Arterie und die Vene freigelegt die später miteinander verbunden werden sollen. Für eine kurze Zeit wird der Blutfluss mit Klemmen unterbrochen , so dass sie aufgeschnitten werden können und es nicht zu starken Blutungen kommt. Anschließend werden Vene und Arterie miteinander vernäht ( anastomosiert ) und der Blutfluss wieder freigegeben. Der Hautschnitt wird mit einer entsprechenden Naht verschlossen und verbunden.
Nach ca. 40 Minuten wurde ich aus dem OP auf meine Station gebracht, wo auch schon langsam die Betäubung aus meinem Arm entwich. Alle 15 Minuten wurde mit dem Stetoskop das Rauschen meines Shunt`s kontrolliert. Zu meinem Entsetzten konnte nach 3 Stunden kein Rauschen mehr gehört werden, denn es hatte sich ein Trombus gebildet, der den Shunt verschlossen hatte. Sofort wurde ich wieder in den OP gebracht, wo eine Shuntrevidierung gemacht wurde. Mit einem kleinen Schnitt wurde er wieder geöffnet und mit Hilfe eines Ballons wurde die Vene/Arterie geweitet, um den Trombus zu entfernen. Einige Tage später, als ich schon zu Hause war, ging der Shunt erneut zu. Die gleiche Prozedur der Revidierung fand wieder statt. Allmählich machte sich mein Arzt Gedanken warum die Operationen immer misslangen. Weitere Blutuntersuchungen fanden statt, die aber keinerlei negativer Ergebnisse brachten. Eine Woche später war mein Shunt wieder stehengeblieben. Zum 3. mal wurde revidiert, und zu meinem Bedauern mußte ich im Krankenhaus bleiben. Bei einer Untersuchung der Fliesgeschwindigkeit meines Blutes wurde festgestellt, dass ich zuviel Power hatte, d.h. mein Blut fließt zu schnell. Der Grund für all die Verschlüsse war, dass in den engen Verbindungen des Shunts sich zu viele Blutpartikel ablagerten, die diese Verschlüsse hervorriefen. So bekam ich ein Medikament, welches mein Blut verdünnen sollte, um die Shuntanlage in Fluss zu halten. Nachdem die 4. Revidierung stattgefunden hatte, entschloss sich mein Arzt, den Shunt höher zu legen um einen größeren Radius der Kurve zu bekommen. 3 Wochen nach der 1. OP folgte die 5. OP, wo ich hoffte, dass es endlich klappt. In der Zwischenzeit hatte ich einen Halskatheder für die Dialyse, da es nicht möglich war, den/die Shunts zu benutzen. 14 Tage nach der 5. OP war die Anlage wieder dicht. Eine Revidierung brachte keinen Erfolg und so wurde eine total neue Anlage in der Mitte des Unterarmes gebaut. Welch ein Glück, der Shunt hielt und ich konnte 4 Wochen später endlich auf normalem Wege an die Dialyse. Diese sieben Operationen spielten sich alle innerhalb von 6 Wochen ab. Mein Doktor, der in Hamburg wirklich eine Kapazität ist, gab mir zum Abschied den Rat, "mich nicht mehr bei ihm blicken zu lassen", was wir beide selbstverständlich als Scherz quittierten.
Im Jahre 1994 im Mai,
nach einem Jahr, war der Shunt wieder verschlossen. Eine
Revidierung hielt wiederum nur kurze Zeit. In einem anderen Krankenhaus versuchte
ich es erneut, einen gängigen Shunt zu bekommen. Am rechten Unterarm ( seitlich )
wurden 2 Versuche unternommen, die leider schief liefen. Jetzt hatte ich die Nase
voll und ließ mir, 3 Tage vor unserem Urlaub in Spanien, unterhalb der linken
Schulter einen Demoskatheter fest einbauen. Da mit diesem Katheter keine optimale
Dialyse erfolgen kann, habe ich mir dann in einem Privatkrankenhaus in Spanien
einen Goretexschlauch im linken Arm einbauen lassen. Zu diesem Zweck kam aus
Malaga einer der besten Gefäßchirurgen Spaniens, um diese OP zu machen, die
auch gut gelang. Einige Wochen später entzündete sich mein Unterarm und ich
mußte in Lübeck ( hatte mit der OP in Spanien nichts zu tun ) erneut operiert
werden. Leider wurde mir, was unumgänglich war auch der Goretexschlach entfernt.
Für einen neuen Shunt hatte ich erst mal keinen Nerv mehr, da ich ja noch den
Demoskatheter hatte. Einige Wochen später fuhr ich wieder einmal mit großer
Hoffnung nach Lübeck um mir einen Shunt einbauen zu lassen. Ich hatte mich
vorher genau erkundigt und mich für Professor Hoyer vom Transplantationszentrum
entschieden, der auch zustimmte. Diesmal wurde der Shunt in die Beuge des rechten
Armes gelegt. Nach einstündiger Operation war es vollbracht. Diesmal hielt der
Anschluss 4 Jahre. Durch die große Kurve ( ca. 6 cm ) war es ausgeschlossen,
dass irgend welche Ablagerungen hängen bleiben. Nach dieser, für mich langen
Zeit hatte ich große Probleme mit meinen Blutwerten. Es wurde, trotz Medikamente
immer dickflüssiger. Ehe ich mich versah, war der Shunt zu, und ich mußte ihn
revidieren lassen. Wiederum 1 Jahr später passierte das gleiche. Wieder
musste revidiert werden. Wie mir der Operateur sagte, ist es für diesen
Anschluss das letzte Mal. Der nächste müsste dann neu gemacht werden.
Im März 1999 bekam ich ein Transplantat, was leider, wie in meinem Dialysebericht
schon erwähnt, wegen Durchflussstörungen, 5 Tage später wieder entfernt werden mußte.
Im Spätherbst ereilte mich, und ich war sehr deprimiert, der nächste Schicksalsschlag.
Mein Shunt hatte entgültig den Geist aufgegeben, und dass noch am Tage unserer Silberhochzeit.
Vier Stunden vor der Feier bekam ich durch einen bekannten Anästhesisten meiner Frau
einen Halskatheter eingesetzt, fuhr zur Dialyse und ließ mich für 3 Stunden an die Maschine
legen. Tage später mußte ich überlegen, wo ich mir eine neue Anlage machen lasse. Nach kurzer,
intensiver Überlegung rief ich meinen damaligen, ersten Operateur an und fragte, ob er
mir helfen kann. Selbstverständlich gab er seine Zustimmung. Er war inzwischen auch Chefarzt der
Mikro- bzw. Gefäßchirurgie in einem anderen Krankenhaus geworden. Diesmal wurde 2 cm über
der Armbeuge ein Goretexschlauch großzügig an die alten Anschlüsse gebaut. Für mich hieß
das, ich konnte die alten Armstücke zum Anstechen der Nadel weiter benutzen. Etwa ein Jahr
später hatte sich im Schlauch ein Trombus gebildet, der schon eine Stunde nach meiner
Feststellung operativ entfernt wurde. Bis zu meiner Transplantation im Oktober 2001
hielt er ohne Probleme.
Etwa 8 Monate später, bemerkte ich eines Morgens dass das Rauschen nicht mehr da war. So hatte sich mein Shunt, da er auch nicht mehr benutzt wurde, verabschiedet. Diesmal hatte ich auch keine Panik, denn ich brauchte Ihn ja erst mal nicht mehr.
Für den Februar 2003 hatte ich einen Termin zur Shuntentfernung vereinbart. Morgens um 8 Uhr wurde die Ausräumung samt des Schlauches von meinem Doktor entfernt. Schon 2 Tage später konnte ich nach Hause gehen. Heute im April 2003 habe ich schon fast alles vergessen. Gott sei Dank ist nur noch die Erinnerung an diese schlimme Zeit vorhanden.
Noch einmal erwähnt sei, ich möchte wirklich keinem Angst machen, andere Patienten haben Ihre Shunt`s ein Leben lang. Ausnahmen können immer sein, so wie ich.
Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Erfahrungsbericht (März 2003) liegen beim Autor (Hans-Peter Nennich). Wenn Sie Fragen zu seiner Geschichte haben, können Sie über das Email-Icon mit ihm Kontakt aufnehmen.